Sonntag, 2. Juni 2024

Es geht besser

Es ist wieder Juni, vor einem Jahr war ich mit meiner kleinen Hündin jeden Abend am Rhein,  bei Blütenpracht und lauer Luft, es war sehr schön und ich erinnere mich gern daran. Der Juni war ihr letzter Monat, sie ist 16 Jahre alt geworden. 

Ich selbst bin jetzt seit über einem Jahr tumorfrei, ich kann es kaum fassen. Langsam bekomme ich das Gefühl, vielleicht doch noch ein längeres Leben zu haben. Körperlich und seelisch geht es mir vergleichsweise gut. Jede Woche gehe ich zum Qi Gong, was wahre Wunder wirkt, abends kann ich dir große Hunderunde mitgehen, und zur Psychotherapie gehe ich nur noch sporadisch,  nach Bedarf.

Die Rentenbewilligung lässt noch immer auf sich warten. Meine Frau hat mir einen Aquarellkasten geschenkt, und ab Oktober bin ich bei der Kunsttherapie angemeldet. Meine Tage sind weiterhin recht kurz- in dem Sinne, dass ich alle drei bis vier Stunden eine längere Ruhepause brauche,  nachmittags muss ich zwei bis drei Stunden schlafen. Insgesamt bin ich aber sehr viel fitter und schaffe es auch meistens noch zu kochen. 

Ich versuche,  mein Leben zu genießen und zu tun,  was mir Freude macht. Sollte der Therapieerfolg anhalten, werde ich mir aber irgendwann überlegen, was für geistige Herausforderungen ich mir suchen könnte. Einstweilen lasse ich mich auf der glücklichen Welle treiben, die ich erwischen konnte. 

Samstag, 18. November 2023

Die Jahre nach den goldenen

Seit dem Jahr 2019 sind für mich die Jahre des Friedens und des Glücks vorbei und nicht wiedergekommen. Es war der Beginn des Endes einer Ära.

Zwei Krebsdiagnosen, Corona-Pandemie, ein Rezidiv und Tod des kleinen kranken Rüden,  Radiochemotherapie, zweites Rezidiv und Tod der kleinen alten Hündin, unheilbare Erkrankung, jetzt Immuntherapie und Rentenantrag. Gleichzeitig Angriffe auf die Ukraine und auf Israel, Klimakrise, wachsender Faschismus. 

Auf der Habenseite die unverbrüchliche Liebe und Unterstützung meiner Liebsten, unsere wunderbare neue junge Hündin, viele zugewandte Hundebekanntschaften, Kolleg:innen,  Nachbar:innen, dass wir nicht im Mangel leben, eine schöne Wohnung haben und gute Versorgung, in Urlaub fahren können. Zwischendrin gibt es immer wieder Zeiten, in denen es mir gut geht, ich etwas unternehmen und mich bewegen kann. 

Aber oft geht eben sehr wenig, eine kleine Hunderunde, fünf Minuten Gymnastik, dann wieder völlige Erschöpfung und Müdigkeit, erst am Abend kann ich eventuell wieder etwas kochen oder noch einmal zu einer Minirunde mit in den Park gehen. Oft habe ich keinen Appetit und/oder mir ist schlecht, mein Bein tut weh oder mein Bauch, ich habe Angst, bin niedergeschlagen, bin traurig. 

Meine Frau ist überlastet, sie arbeitet Vollzeit an einer Schule, sie erledigt alle Haushaltsdinge und Hunderunden, die ich nicht schaffe, will aber trotzdem keine Unterstützung ("keine Fremden in der Wohnung ", "ich geb meinen Hund nicht zu anderen " usw.) und möchte keine Arbeitszeitverkürzung und kein Sabbatjahr. Tja. 

Ich musste mich arbeitslos bei Arbeitsunfähigkeit melden und einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente einreichen und die ganze Bürokratie hat mich sehr gestresst. Gott sei Dank hatte ich von  der Krebsberatungsstelle eine Rentenberaterin empfohlen bekommen, die mir unglaublich schnell, fachkundig und empathisch geholfen hat. Die Krebsberatung ist überhaupt eine sehr gute Anlaufstelle, ich konnte dadurch OTT (onkologische Trainingstherapie) und Qi Gong machen, alles kostenlos und wirklich sehr gut. Leider bin ich im Moment zu schwach, um dort hinzugehen. 

Wir machen Pläne, versuchen,  Linien in die Zukunft zu ziehen, haben ein neues Lastenrad, Urlaub gebucht,  vielleicht kaufe ich mir noch ein Ebike. Aber natürlich ist ein zweiter Hund utopisch, und ich habe eine Reiserücktrittsversicherung abgeschlossen. 

Mir ist mittlerweile klar geworden, was die vielen guten Wünsche für "viel Kraft " bedeuten,  am Anfang habe ich das gar nicht verstanden. Die Krankheit und ihre Begleiterscheinungen, die Kollateralschäden, zermürben. 


Donnerstag, 3. August 2023

Ferien im Hochsauerland

 Ein Haus am Waldrand, recht steile Auf- und Abstiege, bei heißem Sommerwetter? Anfangs dachte ich, wie blöd war es eigentlich, so einen Urlaub zu buchen, in meinem Zustand. Wie sich herausstellte, war es eine Goldidee. Wir sind jeden Tag vom Haus aus losgewandert, abends hatte ich über 16000 Schritte auf der Uhr. Die Luft war dünn, klar und kühler als erwartet, die Stille und Dunkelheit nachts grandios. Andere Häuser mit freilaufenden Tieren um uns herum, praktisch keine Autos. In der Umgebung (und in unserem Garten) Walderdbeeren und Himbeeren, Blumen, die ich zuletzt in der Kindheit oder noch nie gesehen hatte. Rehe, Waldkäuze, Füchse et al.