Samstag, 31. Dezember 2022

Das Jahr 2022

 Mache ich also auch einen Jahresrückblick, aber ohne Fotos, das ist mir zu viel. 

Januar:

Wir haben erstmals einen Welpen, zusätzlich zu zwei alten Hunden, von denen einer krank ist und nachts eine Windel braucht. Das Welpchen ist auch krank, mager, struppig, voll blutiger Stellen und Parasiten (innerlich). Ich selbst habe Schmerzen an der linken Seite der Lendenwirbelsäule und nehme mehrere Ibus am Tag. Die Hunde müssen alle ein übles Mittel einnehmen. 

Februar:

Es geht so weiter wie im Monat zuvor,  nur fängt das neue Semester an und ich gehe wieder arbeiten. Der Orthopäde meint, ich hätte wahrscheinlich einen Bandscheibenvorfall und schickt mich zum MRT. 

März:

Die Radiologen stellen eine "Neoplasie" im Becken fest, ich informiere die Onkologin, die nicht reagiert. Beim Kontrolltermin der Gynäkologin meldet sie mich sofort in der Klinik an. Ich habe ein Rezidiv des Endometriumkarzinoms an der linken Beckenwand. 

April:

Nach Ostern stirbt unser geliebter Rü.





Ich werde operiert, eine große Bauch-OP, der Tumor hat sich um den Beinnerv geschlungen und kann nicht vollständig entfernt werden. In den neun Tagen im Krankenhaus geht es mir zeitweise gar nicht gut. 

Mai:

Ich bin zuhause, es geht mir besser, aber ich bin schwach. Das Welpchen wiegt inzwischen 20 Kilo und zieht mich von den Beinen. 

Juni:

Der Radioonkologe sieht die beste Behandlungsmethode in einer Radiochemotherapie. Ende Juni geht es los. 

Juli:

Mir fallen ziemlich schnell die Haare aus. Montags habe ich Chemotherapie und Bestrahlung, an allen anderen Wochentagen nur Bestrahlung. Es ist sehr anstrengend, aber irgendwie machbar. In der zweiten Wochenhälfte schaffe ich es meistens, mit dem Kröterich und dem Bräckchen an den Rhein zu gehen. 

August:

Die Therapie endet, das erste CT ist ohne Auffälligkeiten. Mir geht es besser. 

September:

Wir sind oft am Rhein, manchmal mit beiden Hunden, ich schaffe oft wieder zehntausend Schritte. 

Oktober:

Der erste Urlaub seit langem, der allererste mit der Bracke. In Holland ist es schön wie immer, aber ich bin sehr kurzatmig und wenig belastbar. 

November:

Die neue Onkologin ist gut, die Kontrolltermine laufen gut, und das mit Angst erwartete zweite CT ist ebenfalls ohne Befund. Mir fällt ein Mühlstein vom Herzen. Auf einmal bin ich auch nicht mehr so kurzatmig und kann wieder weiter laufen. 

Dezember:

Wir haben beide eine Erkältung, die erste seit drei Jahren. Meine Mutter hat Geburtstag und wir fahren alle hin. Die Bracke knurrt und kommt nicht gut mit der fremden Wohnung zurecht. Es ist anstrengend, aber trotzdem ganz schön. Beiden Hunden geht es gut, dem Kröterich und mir soweit auch, obwohl wir jetzt beide dauerhaft Medikamente nehmen müssen. 

In dieser Aufzählung voller Krankheit sind die Weltereignisse nicht mit drin, Putins Überfall auf die Ukraine, die Energiekrise und die Inflation, die fortdauernde Pandemie. 

Es gab aber  in diesem Jahr auch viele schöne Momente, in der Natur, mit meiner Liebsten, den Hunden und vielen Menschen und Hunden. Ich habe viele Menschen kennengelernt, viele gute Erfahrungen gemacht und Hilfe bekommen, als ich sie am nötigsten hatte. Ich bin geliebt worden. Ich werde geliebt. Ich liebe. 

Samstag, 10. Dezember 2022

Atempause

 Das zweite CT war tatsächlich ohne Befund,  "komplette Remission " waren die Worte des Radioonkologen. 

Ein Mühlstein, der mir vorher gar nicht so bewusst war, fiel von mir ab. Auf einmal war ich auch nicht mehr so schnell kurzatmig und konnte wieder zehntausend Schritte gehen. Meine Angst hatte mich wie in einem Schraubstock eingepresst. 

Gerade habe ich mich seit einigen Tagen mit einer heftigen Erkältung angesteckt, die auch das Krötlein schon hatte und noch hat,  genau wie meine Mutter,  die wir gar nicht getroffen haben. Wir sind beide zuhause und zwar krank,  aber froh über die Atempause. 

Ende Februar ist dann das nächste CT, aber, wie der Arzt ebenfalls sagte, "wenn wir dann ein Pünktchen sehen, können wir direkt etwas dagegen machen", und so sei es. 


Dienstag, 22. November 2022

Zweites CT

Heute also das CT, von dem meine nähere Zukunft abhängt. Zum Auftakt einen Liter Kontrastmittel getrunken, dann wurde mit der Infusionsnadel rechts nach einer Vene gestochert, die ging nicht, dann ging sowieso die ganze rechte Seite nicht wegen einem fehlenden Lymphknoten, dann wurde links eine Vene ertastet, die war aber wohl vernarbt, dann wurde eine geeignete Vene am linken Handrücken gefunden, schmerzhaft gestochen und als "sehr schön,  merken Sie sich die Stelle" gelobt. Inzwischen zitterten meine Beine,  ich wurde gestreichelt und mit "Schatz " und "Maus" angesprochen,  und dann wurde die Maschine gestartet.  Dreimal wurde Kontrastmittel eingespritzt, es wurde warm,  metallischer Geschmack im Mund, warme, drückende Blase. 

Insgesamt war es wie gehabt,  nur noch ein bisschen schlimmer, und hinterher blieb die Nadel noch zehn Minuten drin, falls die Bilder nichts geworden wären.  Aua.



Danach Taxi,  Mangocurry, die Bäume, die die Baumschule geliefert hatte, gepflanzt bzw. die Pflanzung beaufsichtigt. Jetzt bin ich fix und fertig. 

Dienstag, 8. November 2022

Tröt

 Es passiert gerade viel im Internet, ich habe viele Gedanken dazu, finde es aber ganz überwiegend unnötig, die auch zu äußern. Menschen haben Sorgen, Angst und schlimme Erlebnisse, manchen fallen Dinge auf, die ich auch bemerkt habe, manche haben Skrupel, die ich nicht mehr kenne. Ganz pauschal bin ich überzeugt, dass es im Leben aus vielen Gründen sehr hilft, einen Hund zu haben. 

Ich habe außerdem gemerkt, dass ich zufrieden mit meiner kleinen Timeline-Bubble bin und all das Geschrei nicht vermisse. 

Donnerstag, 3. November 2022

Herbstlaub, Wind und frühe Dunkelheit

 Es geht voran, die Laune wird besser, der Herbst ist endlich wie gewohnt. Die Hunde niesen und zittern (wo ist mein Softshell?), Gretchen ist mit der Finsternis im Wald etwas überfordert. Es hat sich aber gezeigt, dass nicht alle French Bullies Angst einflößend, sondern auch höchst geeignet zum Rennen und Knutschen sein können. Und die kleinste Kudde ist immer noch die beste. 


Nun.

Der November hat noch einige Kontrolltermine (für mich), der erste Besuch bei der neuen Onkologin und die aktuellen Blutwerte waren schon mal gut. Es dauert halt. Aber die allermeisten Tage sind schön. 

Freitag, 2. September 2022

Ohne Befund

 So, knapp sieben Wochen Radiochemotherapie sind geschafft. Dreimal musste ich wegen niedriger Blutwerte wieder hochgespritzt werden (beeindruckend, dass das geht, ist so eine Art Doping). Die letzten ein bis zwei Wochen waren mühsam, die Schleimhäute sehr gereizt, Durchfall, Bauchschmerzen, Breichen essen etc. 

Nach zwei Wochen ohne Therapie hatte ich mich schon wieder gut erholt, konnte 10.000 Schritte laufen und ohne Keuchen die Treppe hoch. 

Dann gab es vor zehn Tagen ein Ganzkörper-CT zur Kontrolle. Gestern war das Befundgespräch. Ich war in den letzten Tagen sehr nervös, ängstlich und auch resigniert, malte mir bereits die nächste Chemotherapie aus. 

Aber, wie sich zeigt, es gibt auch schöne und gute Überraschungen: das CT ist ohne Befund, kein Rezidivverdacht. Ich bin zu Fuß nach Hause gegangen und musste vor Erleichterung weinen und in den dm gehen, um Taschentücher zu kaufen. 

Zuhause haben der Kröterich und ich uns gestritten, weil ich emotional überfordert und er gekränkt und nachtragend war. Wir haben uns wieder vertragen, waren am Rhein und haben danach gekocht und "For all mankind" gesehen, aber es hängt mir noch nach. Natürlich hat sich seit Monaten alles um mich gedreht, aber was kann ich dafür, dass ich krank war? (Außer, dass ich vor drei oder schon vier Jahren zu spät zum Arzt gegangen bin,  was ich niemandem rate.)

Wir haben uns beide das letzte halbe Jahr extrem zusammengerissen, jetzt kommen die Gefühle raus...

Dienstag, 21. Juni 2022

Alles neu

 Acht Wochen nach der OP, alles ist anders als ursprünglich gedacht. Der Facharzt für Strahlentherapie sieht "echte Heilungschance", hat in meinem Beisein den Chefarzt und den Onkologen angerufen und sie auf sehr freundliche Weise zusammengefaltet.  Ich müsse selbstverständlich sofort und vorrangig bestrahlt werden, mit paralleler wöchentlicher Chemotherapie. Und so ist es nun, das geht ca. sechs Wochen, ich bin jetzt fast zwei Wochen dabei. 

Ich habe jeden Tag (außer am Wochenende) Radiotherapie und immer montags vorher Chemotherapie, ebenfalls im selben Institut, das er leitet. Und was soll ich sagen, es läuft ganz gut. 

Vor der Chemotherapie hatte ich wirklich und wahrhaftig schreckliche Angst. Ich bekomme zwei verschiedene Zytostatika, Carboplatin und Paclitaxel (wird aus Eibenrinde gewonnen). Beim ersten Mal habe ich jedes einzeln an einem Tag ganz langsam und vorsichtig bekommen, um jederzeit abbrechen zu können, falls ich allergisch reagieren würde. Das ist glücklicherweise nicht passiert, ich vertrage es gut. Mittlerweile, gestern erstmalig, laufen beide hintereinander an einem Tag durch und zwar relativ schnell, insgesamt, mit Vor- und Nachlauf, dauert es trotzdem ca. zweieinhalb Stunden. Danach gehe ich runter zur Bestrahlung, das dauert ca. fünf Minuten. 

Vor der Infusion nehme ich eine Kapsel ein, die verhindert, dass das Gehirn Übelkeit oder Brechreiz wahrnimmt, ebenfalls an den nächsten beiden Tagen nach der Infusion. Außerdem bekomme ich Tabletten, die auf andere Weise, im Magen-Darm-Trakt, Übelkeit und Erbrechen unterdrücken, sie nehme ich ein bis zwei Mal am Tag ebenfalls an diesen drei Tagen. Mir war bisher noch kein Mal schlecht, ich kann essen, was ich will und tue das auch. Ich bin unendlich dankbar, dass es so gute Medikamente gibt. 

Im Vorlauf der Chemotherapie sind noch weitere Medikamente enthalten, die Nebenwirkungen abfedern sollen. Während der Chemo lese ich,  tratsche mit dem Pfleger, esse Sandwich und Bananen (und muss wegen der vielen Flüssigkeit jedesmal mit dem Infusionsständer auf die Toilette).

Nach der Chemotherapie esse ich erstmal richtig viel, weil ich weiß, dass ich zwei bis drei Stunden später sehr müde und ausgeknockt sein werde. Dann schlafe ich  eine Runde und spüre, wie das Blut in Wellen durch den Körper rauscht, es fühlt sich ein bisschen an wie Fieber, aber ohne erhöhte Temperatur. Beim ersten Mal habe ich alles nassgeschwitzt, gestern nur ganz wenig und kurz. Schmerzen habe ich nicht. Die drei Tage bin ich schwach und schnell angestrengt (Pfleger:"Reißen Sie dann nur einen Baum aus pro Tag!"), danach normalisiert sich das wieder. 

Insgesamt also bin ich im Moment ziemlich zufrieden, dass es so gut klappt. Mal sehen,  wie es im Laufe der nächsten Wochen noch wird. 

Der Port wird übrigens nicht benutzt ("Infektionsgefahr, Vene ist besser, PortistSicherheitsmaßnahme"), also werde ich einmal pro Woche gestochen, das geht. Ich spüre ihn auch nicht mehr. 

Unseren mittlerweile 22 Kilo schweren Junghund kann ich im Moment nicht halten, das ist ein bisschen schade, weil dann immer der Kröterich mit- oder alleine mit ihr gehen muss. Ich gehe mit meinem geliebten alten Terriermädchen, füttere die beiden,  verabreiche Medikamente und Morosuppe, spiele mit ihnen im Hof (oder sitze da einfach nur rum). Je nach Lust und Verfassung mache ich die Küche und koche. Ab und zu telefoniere ich mit meinem Schulleiter, chatte oder schreibe mit Kolleginnen und Kollegen. Alle sind sehr lieb. 

Samstag, 14. Mai 2022

The days after

 Die OP ist überstanden, der Tumor, der sich um den linken Beinnerv gewickelt hatte, entfernt. Er war bösartig,  aber fast identisch mit dem ursprünglichen Endometriumkarzinom. Jetzt folgen sechs Chemotherapie-Einheiten, dann Bestrahlung. 

Der alte Hund ist gestorben,  vier Tage vor meiner Operation. Er bekam über Ostern schon schlecht Luft und wurde dann am Dienstag nach Ostern erlöst, der Kröterich war dabei, es war alles sehr friedlich. 

Ich bin Gott sei Dank wieder zuhause und erhole mich. Der Kröterich kümmert sich rührend, seit Montag kann er sogar schon wieder zur Arbeit gehen. Ich versuche jeden Tag zwei Hunderunden zu machen,  entweder mit dem kleinen Lärchen allein oder zu viert mit allen zusammen. 

Vor mir liegt nächste Woche, dass ich einen Port bekomme und die Strahlentherapie geplant wird,  übernächste Woche ist das Erstgespräch mit dem neuen Onkologen, der die Chemotherapie durchführen wird. Zwischen den Infusionen liegen jeweils drei Wochen, so dass sich das Ganze bis Ende Oktober hinziehen wird. Ich habe Angst davor, wie es mir dann geht. 

Überhaupt bin ich psychisch ganz schön angeschlagen, manchmal schwappt alles über mir zusammen. Ich versuche, jeden Tag einzeln zu machen. 


Donnerstag, 14. April 2022

All dead

 Die Lage konnte tatsächlich noch viel viel schlimmer werden. 

Ich habe einen großen Tumor im kleinen Becken, wahrscheinlich ein Rezidiv. Am 22. April werde ich operiert, was danach sein wird, ist unklar. Ich werde einen großen Bauchschnitt bekommen und je nach Bedarf werden auch noch viele Lymphknoten entfernt. Es ist eine schwere Operation und vielleicht wird danach meine Lebenszeit sehr begrenzt sein. 

Ich habe Angst. Ich sorge mich um die Zeit danach. Das Kröt wird mit all dem nicht gut fertig und wir sind jetzt schon beide äußerst gestresst und gereizt. Ich habe Angst,  mich nach der OP nicht richtig ausruhen zu können, weil drei Hunde und Haushalt und Vollzeitstelle und Kranke zuhause mehr sind als der Kröterich schafft. Meine Mutter hat angeboten zu kommen, aber sie ist 86, und hat jetzt auch noch Corona (wir wollten sie heute besuchen und konnten deshalb nicht kommen und jetzt werden wir uns vor der OP nicht mehr sehen). Der alte Hund ist sehr sehr anstrengend und muss immer wieder zum Tierarzt, macht in die Wohnung, läuft kaum noch.

Ich fühle mich allein mit meinen Ängsten und Schmerzen und der Sorge, wie stressig alles wird und dass der Kröterich überfordert ist. Ich werde so schnell wie möglich wieder funktionieren müssen und was, wenn ich das nicht kann? Was, wenn ich unheilbar krank bin, wenn es mir immer schlechter geht, wenn ich sterbe?

Manchmal denke ich, ich möchte das alles nicht mehr erleben und lieber schon vorher sterben. Ehe alles den Bach runter geht, ehe wir uns nicht mehr lieben, ehe ich leiden muss bis zum Tod. 

Ich weiß, dass der Kröterich sich auch allein fühlt,  Angst hat, über die Maßen gestresst ist. Aber ich weiß nicht, was ich tun soll. 

Donnerstag, 3. März 2022

März 22

 Neuer Frühling,  neuer Hund,  neue Mutante, neuer Krieg. 

Trotz dauerroter Warnkachel gehe ich gern zur Schule, das lenkt sehr gut ab. Zweite Lautverschiebung, Elitetheorie der Demokratie, Blankvers und Ringparabel, atheistischer Existentialismus.

Der neue Hund beansprucht ebenfalls volle Aufmerksamkeit, denn er ist sechs Monate alt, ist kreativ bei der Auswahl möglicher Kauartikel und ein Kobold, wie er im Buche steht. 

Die alten Hunde sind demgegenüber sehr verwirrt und stehen oft ratlos in der Gegend herum. Für alle gilt: Die Geldsummen, die man beim Tierarzt lassen kann,  sind nach oben offen. 

Aber was bedeutet das schon.