Dienstag, 21. Juni 2022

Alles neu

 Acht Wochen nach der OP, alles ist anders als ursprünglich gedacht. Der Facharzt für Strahlentherapie sieht "echte Heilungschance", hat in meinem Beisein den Chefarzt und den Onkologen angerufen und sie auf sehr freundliche Weise zusammengefaltet.  Ich müsse selbstverständlich sofort und vorrangig bestrahlt werden, mit paralleler wöchentlicher Chemotherapie. Und so ist es nun, das geht ca. sechs Wochen, ich bin jetzt fast zwei Wochen dabei. 

Ich habe jeden Tag (außer am Wochenende) Radiotherapie und immer montags vorher Chemotherapie, ebenfalls im selben Institut, das er leitet. Und was soll ich sagen, es läuft ganz gut. 

Vor der Chemotherapie hatte ich wirklich und wahrhaftig schreckliche Angst. Ich bekomme zwei verschiedene Zytostatika, Carboplatin und Paclitaxel (wird aus Eibenrinde gewonnen). Beim ersten Mal habe ich jedes einzeln an einem Tag ganz langsam und vorsichtig bekommen, um jederzeit abbrechen zu können, falls ich allergisch reagieren würde. Das ist glücklicherweise nicht passiert, ich vertrage es gut. Mittlerweile, gestern erstmalig, laufen beide hintereinander an einem Tag durch und zwar relativ schnell, insgesamt, mit Vor- und Nachlauf, dauert es trotzdem ca. zweieinhalb Stunden. Danach gehe ich runter zur Bestrahlung, das dauert ca. fünf Minuten. 

Vor der Infusion nehme ich eine Kapsel ein, die verhindert, dass das Gehirn Übelkeit oder Brechreiz wahrnimmt, ebenfalls an den nächsten beiden Tagen nach der Infusion. Außerdem bekomme ich Tabletten, die auf andere Weise, im Magen-Darm-Trakt, Übelkeit und Erbrechen unterdrücken, sie nehme ich ein bis zwei Mal am Tag ebenfalls an diesen drei Tagen. Mir war bisher noch kein Mal schlecht, ich kann essen, was ich will und tue das auch. Ich bin unendlich dankbar, dass es so gute Medikamente gibt. 

Im Vorlauf der Chemotherapie sind noch weitere Medikamente enthalten, die Nebenwirkungen abfedern sollen. Während der Chemo lese ich,  tratsche mit dem Pfleger, esse Sandwich und Bananen (und muss wegen der vielen Flüssigkeit jedesmal mit dem Infusionsständer auf die Toilette).

Nach der Chemotherapie esse ich erstmal richtig viel, weil ich weiß, dass ich zwei bis drei Stunden später sehr müde und ausgeknockt sein werde. Dann schlafe ich  eine Runde und spüre, wie das Blut in Wellen durch den Körper rauscht, es fühlt sich ein bisschen an wie Fieber, aber ohne erhöhte Temperatur. Beim ersten Mal habe ich alles nassgeschwitzt, gestern nur ganz wenig und kurz. Schmerzen habe ich nicht. Die drei Tage bin ich schwach und schnell angestrengt (Pfleger:"Reißen Sie dann nur einen Baum aus pro Tag!"), danach normalisiert sich das wieder. 

Insgesamt also bin ich im Moment ziemlich zufrieden, dass es so gut klappt. Mal sehen,  wie es im Laufe der nächsten Wochen noch wird. 

Der Port wird übrigens nicht benutzt ("Infektionsgefahr, Vene ist besser, PortistSicherheitsmaßnahme"), also werde ich einmal pro Woche gestochen, das geht. Ich spüre ihn auch nicht mehr. 

Unseren mittlerweile 22 Kilo schweren Junghund kann ich im Moment nicht halten, das ist ein bisschen schade, weil dann immer der Kröterich mit- oder alleine mit ihr gehen muss. Ich gehe mit meinem geliebten alten Terriermädchen, füttere die beiden,  verabreiche Medikamente und Morosuppe, spiele mit ihnen im Hof (oder sitze da einfach nur rum). Je nach Lust und Verfassung mache ich die Küche und koche. Ab und zu telefoniere ich mit meinem Schulleiter, chatte oder schreibe mit Kolleginnen und Kollegen. Alle sind sehr lieb.